Die Sache mit den seltsamen Siegeln
Vor ein paar Jahren fing es an. Plötzlich flatterten dicke Umschläge in unser Büro. Mit Urkunden darin. „Herzlichen Glückwunsch!“, stand in den Begleitschreiben und so etwas wie: „Ihr Service ist ausgezeichnet worden“ oder: „Sie sind Sieger im großen Hotline-Check“ oder: „Sie haben den 2. Platz beim Service-Award XY gewonnen“.
Zunächst einmal war die Freude groß. Jeder wird gerne irgendwo Sieger. Zudem wurde man darauf hingewiesen, dass es da ein Testsiegel gab, welches man nach diesem großen Erfolg nutzen könne, um sich der Welt als vorbildliches Unternehmen zu präsentieren. Allerdings bedürfe es hierfür einer Lizenzierung. Die Lizenzen konnte man auf einem beigefügten Bogen bestellen. Und zwar für Beträge ab 6.000 Euro aufwärts.
Ein Heft mit sieben Siegeln
Die Absender solcher Auszeichnungen waren und sind meist große Zeitungen wie Focus, Bild, Chip und deren Ableger (z. B. Focus Money). Wir nehmen an, dass das Geschäft lukrativ ist, denn wir kriegen pro Jahr mehrere solcher Siegel angeboten. Zudem wird häufig nach Branchen und Städten unterschieden. Das ist natürlich aufschlussreicher für die Leserschaft, aber auch lukrativer für Siegelverkäufer. Denn je mehr Kategorien es gibt, desto mehr Gewinner können ermittelt werden, was wiederum die Zahl der potentiellen Lizenzverkäufe erhöht.
Zum Untersuchungsdesign kann man vielleicht so viel sagen: Die Umfragen überbieten sich in der Regel nicht unbedingt an Komplexität. Im minimalistischsten Fall wird einfach nur gefragt: „Welcher Anbieter in (Branche) bietet in (Stadt) aus Ihrer Sicht den besten Kundenservice?“ Als Antwort tippen die Befragten den Firmennamen in ein Freitextfeld. Dann wird ausgewertet.
Gute Hotline, schlechte Hotline
Einmal wagten wir sogar den Versuch, das Untersuchungsdesign zu hinterfragen. Damals ging es um eine Auszeichnung für die Qualität der Hotline. Fünfzig Mystery Calls pro Unternehmen mit detaillierten Bewertungen in vier Kategorien sollte es gegeben haben. Wir sagten dem Untersuchungsteam am Telefon: „teilAuto teilt sich mit Flinkster und anderen Carsharing-Anbietern eine Hotline, um Ressourcen zu sparen. Nun ist es so, dass wir unter den Top 3 gelandet sind und Flinkster deutlich weiter hinten. Aber im Prinzip haben Sie jedes Mal das gleiche Callcenter getestet.“ Stille am Telefon. Das Heft war ja auch schon gedruckt.
Aber gut, wir wissen ja selbst, dass es harte Zeiten für die Medienbranche sind. Die Leserzahlen sinken, die Auflagenstärke ebenso. Da muss man neue Konzepte entwickeln, um finanziell standzuhalten. Und wir geben zu: Manchmal juckt es uns ein bisschen in den Fingern. Die Studie „Gütesiegel-Monitor“ von 2018 sagt: „Die Hälfte der Verbraucher hält Unternehmen mit Servicesiegel für glaubwürdiger als ohne Siegel.“ Da kommt schon mal der Gedanke auf, die teilAuto-Startseite mit entsprechenden Auszeichnungen vollzupflastern. Manch andere Anbieter machen es ja so vor. Bisher haben wir uns am Ende aber immer dagegen entschieden.
Ausgewählten Siegeln vertrauen
Wir konzentrieren uns lieber auf den Blauen Engel. Auch das ist ein Siegel, das bezahlt werden muss. Aber es gibt einen transparenteren Zertifizierungsprozess, es wird aufgezeigt, wo das Geld hinfließt (in die Öffentlichkeitsarbeit des Blauen Engel und in den Zertifizierungsprozess) und schlussendlich steht hinter dem Blauen Engel das Umweltbundesamt als Fachbehörde. Sicher gibt es auch bestimmte Regelungen, die man beim Blauen Engel kritisieren könnte, aber im Großen und Ganzen ist es ein Siegel, auf das wir uns einlassen können.
In diesem Sinne, nehmen Sie es uns bitte nicht übel, wenn wir medial mit weniger Auszeichnungen aufwarten als andere Unternehmen. Sie wissen ja jetzt ein bisschen mehr darüber, wie die Sache so läuft.
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