Neuigkeiten

Hier halten wir Sie auf dem Laufenden

(Kommentare: 6)

Klein, aber oho

Aktuell gehen bei uns besonders viele Carsharing-Anfragen aus kleineren Städten ein. Einige neue Vielleicht-Standorte sind bereits in der Pipeline. Aber Carsharing abseits der Großstädte ist ein ganz eigenes Ding. Darüber schreiben wir jetzt mal genauer.

Ein Foto von der Eröffnung des Carsharing-Angebots in Plauen im Sommer 2022

Im Grunde ist es großartig: Immer mehr kleine und mittelgroße Orte erwachen aus ihrem Verkehrswende-Dornröschenschlaf. Plötzlich fällt ihnen auf, dass es Carsharing gibt und dass sie gern bei sich auch ein Angebot hätten. Am liebsten Elektro. Und stationslos. Am besten beides. Wir müssen da oft erstmal so ein bisschen auf die Bremse treten. Nicht, weil wir Carsharing abseits der Großstädte nicht unterstützen wollen, ganz im Gegenteil. Doch die Realität ist, dass man das, was in Berlin funktioniert, nicht eins zu eins auf eine Stadt mit 30.000 Einwohner*innen übertragen kann. Fürs Autoteilen in kleinen Städten gelten andere Maßstäbe. Und das ist auch gut so.

Was ist eine „kleine Carsharing-Stadt“?

teilAuto wurde 1992 als gemeinnütziger Verein in Halle gegründet. Nur ein paar Jahre später kamen weitere Standorte dazu, die wir heute als "kleine Städte" bezeichnen. Das waren 1999 Wittenberg und Merseburg und 2004 Dessau. Der Bundesverband Carsharing definiert als „kleine Carsharing-Städte“ Kommunen mit weniger als 21 Gemeinschaftswagen. teilAuto hat die Grenze für sich dagegen bei unter 10 Fahrzeugen gesetzt.

Was ist so anders an den kleinen Städten?

Der Durchlauf. Sowohl die Anzahl der Nutzenden als auch die Auslastung der Fahrzeuge ist doch spürbar niedriger als in den Metropolen. Meist gibt es einen kleinen festen Kern an Carsharing-Kund*innen. Aber wenn der mal drei Wochen kein Auto braucht, laufen für uns die Kosten dennoch weiter. Anschaffung, Versicherung, technische Anbindung ans Buchungssystem, Reparaturen und Durchsichten müssen ja grundsätzlich gestemmt werden. Eine weitere Besonderheit ist der Umgang mit den Fahrzeugchecks. Wenn es nur drei Gemeinschaftsautos im Ort gibt, ist der Einsatz eines professionellen Servicemobils schwer umsetzbar. Deshalb geht es nicht ohne das Engagement der Leute vor Ort.

Unsere Carsharing-Station in Meißen am Kleinmarkt.

Was tun wir, um Carsharing in kleinen Städten möglich zu machen?

Wir arbeiten mit dem Verkehrswende in kleinen Städten e. V. zusammen, der Interessierte beim Aufbau und beim Durchhalten von kleinen Carsharing-Angeboten begleitet und berät. Wir halten mutig 16 Standorte mit weniger als 10 Fahrzeugen. Und wir freuen uns über neue Anfragen aus Städten in Mitteldeutschland. Dennoch kommunizieren wir inzwischen recht klar, was es braucht, um Carsharing in einer kleine Kommune zu starten. Es sind Erfahrungswerte, die über Jahre gesammelt wurden. 

Was muss von der interessierten Stadt kommen?

Carsharing in kleinen Städten funktioniert nicht ohne lokale Unterstützung. Konkret braucht es:

  • Eine Gruppe von Interessierten, die Carsharing nutzen und sich dafür auch engagieren wollen. Sie bilden die so genannte „Ortsgruppe“, die ehrenamtlich hilft, das Angebot zu etablieren und bekannt zu machen.
  • Potentielle Ankernutzer. Das sind Verwaltungen, Firmen und andere Institutionen, die die Carsharing-Fahrzeuge zu den Zeiten nutzen, wenn Privatpersonen nur selten ein Auto brauchen – an den Wochentagen, vormittags bis in die frühen Nachmittagsstunden. Sie sorgen für eine gewisse Grundauslastung und damit für die Stabilisierung des Angebotes.
  • Unterstützung aus der Verwaltung, vor allem bei der Bereitstellung von Stellflächen im öffentlichen Straßenraum.
  • Kümmerer (w/m/d). Das sind Menschen, die Fahrzeugchecks übernehmen oder das Auto umparken, wenn es mal eine Baustelle in Stationsnähe gibt.

Wir wissen, das ist für manch kleine Kommune eine ganze Menge, aber unsere lange gereifte Erkenntnis ist: Anders lässt sich ein tragfähiges Carsharing nicht aufbauen.

Die Station Demianiplatz in Görlitz.

Fakten, Zahlen, Kandidaten

In unserer Kommunikation dreht es sich oft um die großen Standorte, aber die kleinen Städte mögen wir auch. Sie erinnern uns immer auch ein bisschen daran, wo wir hergekommen sind. Vor 30 Jahren haben wir ja auch ganz winzig mit einem einzigen Auto in Halle angefangen.

Außerdem haben wir mal nachgezählt. Seit 2021 sind Anfragen aus 44 kleineren mitteldeutschen Kommunen bei uns eingegangen. Seit Ende 2020 haben wir die Standorte Zwickau, Borna, Meißen und Plauen eröffnet. Aktuell sind Annaberg-Buchholz und Markranstädt die nächsten aussichtsreichen Kandidaten. Mit weiteren Orten sind wir im Gespräch. Wir sind gespannt, wie sich der Weg dort entwickelt.

Schlusswort und Wunsch an Bund, Land und Kommunen

Carsharing in kleinen Städten ist kein Selbstläufer. Nachhaltige Mobilität in der Fläche muss gewollt und unterstützt werden. Wenn mehr Menschen in kleineren Kommunen Zugang zu Gemeinschaftsfahrzeugen haben sollen, dann müssen passende Förderprogramme auf- und umgesetzt werden. Das ist wichtig fürs reguläre stationsbasierte Autoteilen und noch essentieller, wenn der Blick in Richtung Elektro-Carsharing geht, das in seiner Bereitstellung noch aufwändiger ist. Mit einem Fingerschnippen entsteht da leider kein Angebot. Hier müssen viele Hände konkret mit anpacken. Unser 30-Jahre-Geburtstagswunsch ist, dass dieses Verständnis auch in Politik und Verwaltung ankommt.

 

Mehr Artikel zu Carsharing in kleinen Städten:

Kleine Städte: Die Arbeit unserer Ortsgruppen
Zum Start in Zwickau: Über Carsharing in kleinen Städten

 

Zurück

Kommentare

Kommentar von Isabell Ebbecke |

ich befinde mich zurzeit auf der Recherche nach Unternehmen, welche eine existierende Carsharing Flotte komplett verwalten würden.
Zum Hintergrund: Der Landkreis Lüchow-Dannenberg hat den Zuschlag für ein Förderprojekt des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV)
zur Einrichtung von Mobilitätsstationen bekommen. Darin inbegriffen ist auch der Erwerb von 18 Carsharing-Fahrzeugen. Daher komme ich nun zu oben genanntem Anliegen.

Können Sie mir dazu Auskunft geben? Vielen Dank vorab!

Mit freundlichen Grüßen

Antwort von teilAuto & cityflitzer

Wir haben Ihnen eine E-Mail geschickt.

Kommentar von Leo |

Hi, auf der TA Landkarte ist alles nördlich von Magdeburg ein weiser Fleck... Ich bin oft von Stendal nach MD gefahren um mir ein TA zu leihen. Woran scheitert es in der fast 40k Einwohner großen Kommune?
LG

Antwort von teilAuto & cityflitzer

Wenn Sie sich für Stendal vernetzen möchten, dann wenden Sie sich gern direkt an den Verkehrswende in kleinen Städte e. V.

Kommentar von Clemens Albrecht |

Klar, wirtschaftliches Teilen in Kleinstädten ist schwierig. Dafür ist die in Großstädten oft schwierige Parkplatzfrage einfacher zu lösen... =)

Ich möchte trotzdem gern Bedarf für Döbeln anmelden.

Merkt mich da gern als Unterstützer und potenziellen Kümmerer vor.

Antwort von teilAuto & cityflitzer

Hallo Herr Albrecht, wir leiten Ihre Meldung an die zuständigen Kollegen weiter.

Kommentar von Michael S. |

Hallo liebes teilAuto-Team,
ich finde euer Engagement in kleinen Städten bemerkenswert! Gerade durch das gute Netzwerk können die teilAutos ja wirklich auch einen Beitrag zur Verkehrswende leisten, wenn man sie erst im Anschluss an eine Bahnreise bucht und man nicht die komplette Strecke mit dem Auto fährt.
Was das Thema Wirtschaftlichkeit angeht, habt ihr euch da schon mal das Geschäftsmodell des Anbieters unparkd angeschaut? Dort hat jedes Auto einen Hauptmieter, der jeden Monat einen festen Betrag zahlt, aber das Auto zur Anmietung frei geben kann und dann bei Buchungen durch Dritte wieder Geld zurück bekommt! :) Auf deren Website ist das noch besser erklärt. Gerade für Personen, bei denen der Zweitwagen ohnehin die meiste Zeit nur rum steht, könnte das sicher auch finanziell attraktiv sein. Vielleicht wäre das ja mal ein Ansatz, den es zu testen lohnt. ;)

Kommentar von Andreas M |

Die Idee mit Carsharing in den Kleinstädten ist toll und es bleibt zu hoffen, dass das Konzept ebenso tragfähig ist und wächst wie in den Großstädten.
"Jedem Bahnhof sein Teilauto" wäre da auch so ein Gedanke die Verkehrswende praktikabel zu machen. Wir als Familie nutzen TA besonders gerne auch für Wochenendausflüge, aber es muss ja nicht die komplette Tour sein, wenn der erste Teil des Ausfluges mit dem ÖPNV gemacht werden kann und man für die "letzte Meile" aufs Dorf oder zum Wanderparkplatz das TA genutzt werden kann geht das ja auch. Auch für Dienstfahrten in entlegenere Ortschaften ist das denkbar.

Liebe Grüße
Andreas M

Kommentar von Martin H. |

Vielleicht könnt ihr ja mal über eure Erfahrungen mit der Politik berichten.

Wie schaut es dort mit Unterstützung oder nicht Unterstützung aus?

Letztenendes wäre es für die Politik ein leichtes, Carsharing zu unterstützen, indem sie gerade in den Kommunen auf euer Angebot zurück fällt und somit eine Basisauslastung garantiert.

Genauso könnte sie entsprechende Stellplätze kostengünstig zur Verfügung stellen, usw.

Und insbesondere beim elektrocarsharing gäbe es viele Möglichkeiten, auch der finanziellen Förderung.

Schließlich profitieren die Kommunen durch Carsharing, indem weniger Parkfläche benötigt wird, weil weniger Leute eigene Autos besitzen, und durch Elektrofahrzeuge, weil weniger Abgase in den Kommunen entstehen.

Allerdings weiß ich aus Gesprächen mit euren Mitarbeitern, dass konkrete Unterstützung seitens der Politik dann doch eher überschaubar ausfällt.

Ein Bericht dazu wäre doch auch mal ein Artikel wert ;)

Beste Grüße,
Martin H.

Einen Kommentar schreiben

Was ist die Summe aus 5 und 6?