Kleine Städte: Freiberg zieht vor
Zugegeben, gegen die rund 6.000 Dresdner und die 7.300 Leipziger Nutzer klingt die Zahl der 100 erreichten Kunden in Freiberg recht bescheiden. Trotzdem macht sie uns glücklich. Man muss wissen: Zwischen dem Carsharing in den großen Metropolen und dem Carsharing in kleineren Orten liegen Welten. Wenn die großen Gazetten vom bundesdeutschen Carsharing-Boom schreiben, dann liegt ihr Fokus meist auf Städten mit über 500.000 Einwohnern. Hier vermehren sich die großen Flotten, hier schnellen die Nutzerzahlen nach oben. In den kleineren Autoteiler-Kommunen geht es langsamer zu, ruhiger.An teilAuto-Standorten mit etwa 40.000 Einwohnern verzeichnen wir in der Regel rund 50 Nutzerinnen und Nutzer. Eine Zahl, die eine andere Art Carsharing erfordert, als man es aus den großen Städten kennt. Die Anzahl der Stationen ist an einer Hand abzählbar. Ein Servicemobil, das den ganzen Tag unterwegs ist, um Fahrzeuge zu reinigen und zu prüfen, lohnt sich hier nicht. Die Fahrzeugchecks übernehmen meist Freiwillige. Falls mal etwas im Auto liegen bleibt, ist der Vergessliche schnell ausfindig gemacht. Man kennt sich untereinander.Freiberg ist so eine 40.000-Einwohner-teilAuto-Stadt. Mit einem einzigen Unterschied: Die Nutzergemeinde hat sich in den letzten zwei Jahren verdoppelt. Almut Gaedt vom Domladen in Freiberg hat kürzlich als 100. Kundin einen Blumenstrauß erhalten. Erik Ferchau, einer von fünf Freiwilligen, die sich um Anmeldungen, Autos und Stationen kümmern, hat ihn ihr überreicht. Auf die Frage, was Freiberg als kleine Carsharing-Stadt so beliebt macht, zuckt er erstmal mit den Schultern. „Wir haben viele Studenten. Vielleicht hilft es, dass die Freiberger Uni sich als Ressourcenuniversität versteht und verstärkt Umweltthemen behandelt. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass es das Carsharing-Angebot hier schon eine Weile gibt.“Bereits 2005 wurde das Freiberger Carsharing unter dem Projektnamen tanklust aus der Taufe gehoben. Ziel der Initiatoren war es, gemeinsam Autos zu nutzen, die mit regional hergestelltem Pflanzenöl betrieben werden. 2011 übernahm teilAuto auf Anfrage von tanklust die Betreuung des Freiberger Angebots. Die Freiwilligen vor Ort sind noch aus dem tanklust-Kreis von damals. Ein Pflanzenöl-Auto gehört bis heute zum Freiberger Fahrzeug-Pool. Das einzige im ganzen teilAuto-Land. „Der Pflanzenöl-Antrieb ist für mich immer eine Motivation gewesen, das Freiberger Carsharing weiter zu unterstützen“, sagt Erik Ferchau, der per Tradition einmal im Jahr den Kraftstoff selbst verkostet. „Es schmeckt recht gut. Und die Qualitätsvorgaben für Pflanzenöl zum Tanken sind ja sogar strenger als die für Speiseöl“, sagt er zwinkernd. Spätestens da wird klar: Die gute Entwicklung in Freiberg muss eine Mischung aus mehreren Faktoren sein: Die Langjährigkeit des Angebots, die Ausrichtung der Technischen Uni und damit die Verankerung des Umweltschutzgedankens in der Stadt, das Pflanzenöl und natürlich das besondere Engagement der Freiwilligen vor Ort.
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