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Stellplatzablöse: Bauen und Carsharing

Im Wohnungsbau muss pro Wohneinheit meist ein Parkplatz errichtet werden. Schwierig wird’s, wenn Flächen knapp sind. Eine mögliche Lösung: Durch die Einrichtung von Carsharing-Stationen Stellplätze einsparen. Wie’s funktioniert, zeigen wir am Beispiel Dresden.

René Störr von der WiD, Baubürgermeister Stephan Kühn, teilAuto-Regionalleiter Marcus Buchfeld und Carsten Wald von der SachsenEnergie (v.l.n.r.) an der E-Carsharing-Station Kipsdorfer Str., die auf Basis der Dresdner Stellplatzsatzung entstand.

Wie die Lage aussieht

Laut einer aktuellen Studie* fehlen über 900.000 Wohnungen in Deutschland, insbesondere Sozialwohnungen. Das größte Defizit seit über 20 Jahren. Aber was tun, wenn der Platz knapp und das Bauen teuer ist?

Bauunternehmen müssen pro Wohneinheit in der Regel einen Pkw-Stellplatz bereitstellen.** Je nach Lage kann das in dicht bebauten Städten zum Problem werden. Entsprechend große Flächen sind teuer und teils gar nicht verfügbar. Tiefgaragen können eine Lösung sein, aber die sind extrem kostspielig, was die Baukosten und damit die Mieten nach oben treibt. Und weil die damit freigebliebenen Flächen massiv unterbaut sind, reicht der Tiefgang der Erde nicht, um neben den Neubauten größere Pflanzen anzubauen. Eine grünere, lebenswertere Stadt lässt sich so nur schwer aufbauen.

Was macht Dresden richtig?

Die aktuelle Dresdner Stellplatz- und Garagensatzung erlaubt eine Reduzierung der geforderten Parkplatzanzahl an Neubauprojekten, unter anderem wenn eine Carsharing-Station geschaffen wird. Die Einrichtung eines Gemeinschaftsauto-Stellplatzes ersetzt dabei den Bau von vier regulären Stellplätzen. Das spart Baukosten und schafft Flächen für Wohnraum oder Grünanlagen. Zudem wird der Zugang zu nachhaltiger Mobilität erleichtert. Denn die Anwohnerinnen und Anwohner haben „ihre“ Carsharing-Station direkt vor der Haustür.

Dresden ist natürlich nicht die einzige Stadt, die diese Praxis umsetzt. Auch in Bremen, Frankfurt am Main oder Rostock gibt es ähnliche Ansätze. Aber was in der sächsischen Landeshauptstadt bereits angeschoben wurde, ist nicht nur im Vergleich mit dem restlichen teilAuto-Land beachtlich.

Was schon umgesetzt wurde

Seit 2018 wurden auf diese Weise 250 neue Gemeinschaftsauto-Stellplätze an Neubauten vertraglich festgeschrieben. Allein 100 davon hat die kommunale Wohnungsbaugesellschaft WiD Wohnen in Dresden geplant, welche vorrangig sozialen Wohnraum errichtet. Mieterinnen und Mieter der WiD erhalten zudem Sonderkonditionen für die Carsharing-Nutzung. Damit soll auch einkommensschwächeren Personen der Einstieg ins Carsharing erleichtert werden. Eine zusätzliche positive Entwicklung ist, dass die teilAuto-Stationen an den WiD-Mietwohnungen besonders häufig E-Autos bereithalten. Hierfür sorgt eine Partnerschaft von SachsenEnergie und teilAuto.

Wie sieht es im restlichen teilAuto-Land aus?

In Leipzig gilt laut der Stellplatzsatzung von 2019, dass ein Carsharing-Stellplatz fünf Pkw-Stellplätze ersetzen kann. Genutzt wird diese Option bisher nur spärlich. Erst 2023 konnten wir den ersten Stellplatz, der unter Anwendung dieser Satzung vereinbart wurde, in unser Stationsnetz aufnehmen. Klar, von der Beantragung eines Bauvorhabens bis zur Fertigstellung vergehen oft einige Jahre. Aber wir haben das Gefühl, dass den Akteuren vor Ort noch das Bewusstsein für die Chancen, die die Satzung bietet, fehlt. Es gibt also noch Entwicklungspotential.

Halle hat seit Ende 2023 eine Stellplatzsatzung, die eine Reduktion der notwendigen Stellplätze durch Carsharing zulässt. Die Satzung ist noch jung, umgesetzt wurde bisher nichts. Aber wir sind gespannt, was sich hier in Zukunft entwickelt.

In Thüringen gibt es rein faktisch die Möglichkeit durch die baurechtlichen Vorgaben des Landes. Dort steht: "Unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse oder der Art oder Nutzung der baulichen Anlage muss der Bedarf konkretisiert werden. Besondere örtliche Verhältnisse können z. B. bestehen, wenn sich aus Statistiken oder sonstigen Informationsquellen ergibt, dass sich der durchschnittliche Pkw-Besatz pro Privathaushalt von Stadt- oder Ortsteilen untereinander wesentlich unterscheidet. Auch können identische Gebäude je nach Standort, Einzugsbereich, Anbindung an den ÖPNV usw. einen unterschiedlichen Stellplatzbedarf auslösen. Die im Einzelfall festzulegende Stellplatzzahl muss diese Besonderheiten berücksichtigen."

Die Option ist also eher vage formuliert und vom Einzelfall abgängig. Für Bauende ist es vorab nicht so leicht ersichtlich, ob und wie viele Stellplätze mit einer Carsharing-Station eingespart werden können. Das würde sich erst in einem mühevoll auszuhandelnden Prozess zeigen. Das macht diese Option natürlich wenig attraktiv. Schade.

In Magdeburg und Chemnitz sind uns Möglichkeiten der Stellplatzablöse bisher nicht bekannt. In den kleineren teilAuto-Städten ist der Stellplatzdruck meist geringer, deshalb werden wir sie in diesem Beitrag aussparen. Der Artikel ist ja ohnehin schon lang genug.

Unser Fazit

Für uns ist das Prinzip der Stellplatzablöse ein großartiger Ansatz, nachhaltige Mobilität zu fördern und Baukosten zu sparen, damit mehr bezahlbarer und sozialer Wohnungsbau ermöglicht wird. Wir finden es toll, wie beispielhaft Dresden in dieser Frage bereits vorangegangen ist und hoffen, dass auch in unseren anderen Städten diese Möglichkeit häufiger umgesetzt bzw. überhaupt erst ermöglicht wird. Das wäre eine Schritt in die richtige Richtung. Ein Schritt mit Zukunftsperspektive.

 


* Link zur Studie
** Wenn es sich um Sozialwohnungen handelt, liegt der Faktor oft etwas niedriger, z. B. bei 0,6.

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Kommentare

Kommentar von Pieschener |

Wann kommen denn die versprochenen Stellplätze bei den "Rosa Melodien" in Dresden Pieschen? Dort wurden sie vor dem Bau vom Projekt angekündigt und jetzt wo alles fertig ist, fehlen Teilautos. Aber auch die sonst benötigten Stellflächen. Dauert das noch etwas?

Kommentar von Moritz |

Schön, dass es jetzt so gut klappt, manche dieser Stellplätze werden ja sogar zum Mobipunkt aufgewertet, dann ist es perfekt. Gerade in Dresden-Striesen hat so manche Stadtvilla nach der Sanierung einen Großteil des Gartens an die geforderten Stellplätze verloren, als CarSharing noch in den Kinderschuhen steckte. Hier könnte man jetzt viel rückgängig machen.

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